Sechs Tonnen schwere Pechbank gesichert
Letzte Untersuchungen vor der Tagebaukante auf dem mittelalterlichen Produktionsplatz für Pech im Tagebau Nochten
Im Jahre 2010 gelang es erstmals eine Pechhütte vollständig archäologisch zu untersuchen. In diesem Jahr wurde ein weiterer Produktionsplatz für Pech vollständig freigelegt. Es handelt sich mit ca. 4.500 m² um den bisher größten vollständig archäologisch untersuchten mittelalterlichen Produktionsplatz für Pech in Sachsen.
Das Besondere des Fundplatzes ist der erstmals naturwissenschaftlich datierbare Teerofen. In dem doppelwandigen Ofen aus dem 14. Jh. wurde über einen Zeitraum von mehreren Tagen aus dem im Inneren gestapelten Kienholz, Teer ausgekocht (Pyrolyse). Der Teer sammelt sich auf dem konkaven Boden des Ofens und floss durch ein zentrales Loch über ineinandergesteckte Tonrohre in eine Auffanggrube vor dem Ofen. Das Tonrohr lag auf einer Führungsschiene aus Kiefernholz, die dendrochronologisch auf 1324 n.Chr. datiert werden konnte .
Den Teer transportierte man zu den in ca. 5 m Entfernung angelegten Pechsiedestellen. In großen Töpfen aus Keramik, die zur Stabilisierung mit Lehm ummantelt im Boden fixiert waren, kochte man den Teer zu Pech ein. Zum Erhitzen des Teers wurde Holzkohle eingesetzt, die keine Flammen wirft und deren Hitze gut reguliert werden konnte. Sie wurde an Ort und Stelle in einem dendrodatierten Platzmeiler (1351 n.Chr.) hergestellt. Die Grabungsbefunde deuten an, dass meist drei eng beieinander stehende Siedestellen, -töpfe gleichzeitig in Betrieb waren. Gingen im Laufe der Zeit die Siedetöpfe zu Bruch, wurden sie durch neue ersetzt, die man mit Lehm in den alten Töpfen verankerte. Auf dem Fundplatz konnten zwei ineinander gestellte Töpfe pro Siedestelle nachgewiesen werden. Von anderen Pechplätzen ist bekannt, dass auch drei und mehr Töpfe ineinander gestellt wurden. Die Entfernung zwischen Auffanggrube und Siedestellen von ca. 5 m konnte auch auf anderen Pechproduktionsplätzen nachgewiesen werden. Im Laufe der Zeit bildeten sich sogenannte Pechbänke mit einer Vielzahl an Siedestellen heraus.
Auf dem Fundplatz gab es zwei große Pechbänke. Bei der Bergung einer von Ihnen zeigte sich, dass auch versetzt unterhalb der sichtbaren Siedestellen ältere verborgen sein können. Nach dem Einkochen wurde das Pech in längliche Gruben eingebracht, die erstmals im Jahre 2010 auf der benachbarten Pechhütte nachgewiesen werden konnten. Nach einer ersten Sichtung ist davon auszugehen, dass auf dem Fundplatz über 1500 Pechgruben während der Nutzung des Areals angelegt wurden.
Aus der Literatur ist bekannt, dass das Pech ganz unterschiedliche Qualitäten haben konnte. Auch wichtige Nebenprodukte wie z.B. Terpentin wurden bei der Pechherstellung gewonnen. In diesem Zusammenhang könnten bisher unbekannte Befundstrukturen stehen.
Die archäologischen Untersuchungen der letzten Jahre in den Tagebauen Nochten und Reichwalde zeichnen ein deutlich differenzierteres Bild der mittelalterlichen \ frühneuzeitlichen Pechproduktion. Der bekannte technologische Ablauf aus Teerofen, Auffanggrube und Pechbänken wird ergänzt durch die Pechgruben am Ende der Herstellungskette. Diese Gruben eröffnen erstmals die Möglichkeit Aussagen über das Volumen der Pechproduktion und seine zeitliche Tiefe zu treffen. Der Vergleich der Größe der bisher untersuchten Pechhütten in den beiden Tagebauen deutet auf lokal und überregional produzierende Öfen hin. Bei zukünftigen archäologischen Untersuchungen sollte das Umfeld der Teeröfen im Rahmen der Möglichkeiten mit einbezogen werden.
Peter Schöneburg, Thomas Linsener