Hightech löst Rätsel der Archäologie
Ein unansehnliches, völlig verkohltes Fundstück aus einer Ausgrabung bei Jacobsthal, Lkr. Meißen, entpuppte sich im Labor des Landesamtes für Archäologie als kleine Sensation.
Es erwies sich als eine vorzüglich erhaltene mittelalterliche Klappwaage, die sogar noch in einen Stoffbeutel eingehüllt ist. Sie konnte mit großem restauratorischem Aufwand wieder sichtbar gemacht und rekonstruiert werden. Um eine Zerstörung des Stücks zu vermeiden, kamen Röntgengerät, Computertomograph und CAD-Rekonstruktion zum Einsatz. Dabei konnten die Archäologen auf die Hilfe des Fraunhofer-Instituts für Zerstörungsfreie Prüfverfahren zurückgreifen, das eine 3D Tomographie des Fundstückes anfertigte. So konnte z.B. festgestellt werden, dass die ausgeklappte Waage 30 cm lang war.
Die Klappwaage vom Ende des 13. Jh. ist in Sachsen bislang einzigartig, obgleich diese Instrumente seit dem frühen Mittelalter weit verbreitet waren. Für Handel und Geldgeschäfte waren sie unabdingbar. In der hier vorherrschenden Gewichtsgeldwirtschaft musste das Zahlungsmittel und natürlich die Ware selber präzise abgewogen werden. Jeder, der Handel treiben wollte, musste also Waagen und normierte Gewichte mit sich führen. Wie bei unserem Fund auch, ließen sich Waagen mit faltbarem Balken praktischerweise in den eigenen Waagschalen verstauen und konnten in Stoffbeuteln getragen werden.
Der außergewöhnliche Fund kam zu Tage, als nördlich des Dorfes Jacobsthal im April und Mai 2012 Grabungen in einer Leitungstrasse erfolgten. Auf historischen Karten ist an dieser Stelle eine mittelalterliche Wüstung »Rustel«, »Ruedestall« oder »Rosenthal« verzeichnet, die bereits am Anfang des 13. Jh. in schriftlichen Quellen erwähnt wird. Das Dorf fiel spätestens im 15. Jh. wüst und verschwand vom Erdboden.
Die Leitungsverlegung erlaubte nun erstmals Einblicke in die Überreste dieser kleinen Siedlung. So stießen die Archäologen auf zwei Keller, die einem heftigen Brand zum Opfer gefallen waren. Der Katastrophe ist aber die Erhaltung zahlreicher Konstruktionsdetails zu verdanken: Der eine, noch ca. 1,5 m unter die heutige Geländeoberfläche reichende Keller bestand aus einem massiven Holzkasten und besaß einen Bohlenfußboden. Das umfangreiche keramische Inventar dieses Befundes umfasst überwiegend blaugraue Keramik mit reicher Verzierung. Nach einer ersten Sichtung datieren die Funde ins 13./14. Jh. In diesem Keller fanden die Forscher auch die Klappwaage.
Rebecca Wegener M.A., Dipl.Rest. Tatjana Held und Dr. Michael Strobel