Archäologische Funde in der Kapelle von Schloss Colditz vorgestellt
Romanische Grundmauern und Fluchtgänge aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges
Auf Schloss Colditz sind bei archäologischen Grabungen, die das Landesamt für Archäologie (LfA) im Auftrag des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) im Inneren der gotischen Schlosskapelle durchgeführt hat, neue und umfangreiche Befunde zu Tage getreten. Sie wurden heute von Vertretern der drei an dem Projekt beteiligten Institutionen den Medien vorgestellt. Es handelt sich um Mauerreste einer Kapelle aus romanischer Zeit aus dem 12. Jh. Aus den gefundenen Resten der Umfassungsmauer kann nun der komplette Gebäudekomplex der romanischen Kapelle rekonstruiert werden. Befunde aus dieser Zeit in solch großem Umfang sind ein seltener Glücksfall.
Schloss Colditz fand erstmals Im Jahr 1046 Erwähnung. Möglicherweise gehörte bereits im 11. Jh. eine kleine Kapelle dazu. Nach mehreren Überlieferungen in der Sekundärliteratur des 17. bis frühen 20. Jh. handelte es sich um eine Marienkapelle, die 1286 in einer Urkunde genannt wurde. Sie befand sich am nördlichsten Punkt des Bergsporns über der Mulde. Die Kapelle wurde zerstört, als die Hussiten 1430 Schloss und die Stadt einnahmen und niederbrannten. Um 1475 wurde an der Stelle unter Ernst von Sachsen und seiner Mutter Margaretha von Österreich die Kapelle in der heutigen Kubatur aufgebaut. Der Neubau wurde als Allerheiligenkapelle geweiht.
Die archäologischen Grabungen wurden vom 01.11.12. – 22.11.2012 von einer Archäologin, einem Grabungsmitarbeiter (angestellt für die Grabung vom SIB) sowie einem Grabungstechniker in Ausbildung des LfA durchgeführt. Dabei wurden ca. 25 m² Fläche untersucht und 64 Befunde dokumentiert: darunter Abschnitte der Südwand der romanischen Kapelle und die Südwand des Chorbaues mit Teilen der halbkreisförmigen Apsis. Die vorgefundenen Erdbefunde - Aufplanierungsschichten und ein Lehmfußboden - bestätigen, dass vor dem Bau der Kapelle dieser Bereich schon anderweitig genutzt wurde. Zusätzlich konnten 700 Funde geborgen werden. Darunter ein Knochenwürfel, ein Glasring, ein Hufeisenfragment und Keramik des 11.-13. Jh. Die Funde aus der Baugrube der romanischen Kapelle sind voraussichtlich in das 12. Jh. zu datieren.
Die Archäologen stießen bei den Untersuchungen aber auch auf Spuren der jüngeren Vergangenheit von Schloss Colditz. Sie öffneten erneut Fluchtschächte aus der Zeit des Offizierslagers OFLAG IV C. Die regen Grabungstätigkeiten im Bereich der Kapelle waren bereits in früheren Jahren aufgefallen. Sie sind Zeugnisse der zahlreichen Fluchtversuche, die von den hier internierten alliierten Offizieren unternommen wurden.
Im Auftrag des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement beginnt zum Anfang des kommenden Kalenderjahres der Innenausbau des Kirchenhauses auf Schloss Colditz. Die Maßnahme läuft über zwei Kalenderjahre. Der Freistaat Sachsen stellt dafür rund 1,8 Millionen Euro zur Verfügung. Der Innenausbau umfasst die restauratorische Überarbeitung des Kirchenraumes, der selbst museales Objekt sein wird. Der Raum wird so gestaltet und später von den Besuchern erlebt werden können, wie ihn die Gefangenen des Lagers Oflag IV C in den Jahren von 1939 bis 1945 gesehen haben. Dazu gehören sowohl die Wiederherstellung der historischen Raumfassung von 1921 als auch der Fluchtschächte und Kriechgänge unterhalb des Kirchenfußbodens.