31.05.2012

Erste Grabungsresultate von der »Hainspitze« in Leipzig

Die Keller der ehemaligen Tuchhalle werden freigelegt und dokumentiert. 
© Landesamt für Archäologie

Erstmals liegt nun ein genaues Aufmaß der Tuchhallenkeller vor.

Das Grabungsareal liegt am Kreuzungspunkt der ältesten Fernhandelsstraßen Leipzigs, der »via regia« (heute Brühl) und der »via imperii« (heute Hainstraße), wo sich der früheste Markt (»Eselsmarkt«) befunden haben soll. Zum anderen liegt es in unmittelbarer Sichtnähe zur »urbs lipzi«, jener Burg, die in der schriftlichen Ersterwähnung Leipzigs, in der Chronik Thietmars von Merseburg aus dem Jahr 1015 erwähnt wird. Diese slawische Burganlage konnte der Archäologe und Kunsthistoriker Herbert Küas während des Baus der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit, Große Fleischergasse Nr. 11, lokalisieren. Die »Hainspitze« liegt also noch im ehemaligen Vorburggelände und damit in der Keimzelle der Stadtwerdung.
Seit April wird die nördliche Parzelle 625, das Flurstück der ehemaligen Tuchhalle (1837 – 1943) untersucht.  Dafür wurden die Kellermauern der Halle dokumentiert, wobei sich zeigte, dass sie in einem Zuge 1837 erbaut wurden, d.h. keine älteren Bauphasen integriert worden waren. Mit der Vermessung der Kellermauern liegt nun der Kellergrundriss der Tuchhalle vor, der in den Bauakten nicht bekannt war. Die Lage der Kellerfenster zeigte, dass das Niveau der Hainstraße noch vor dem Krieg deutlich tiefer gelegen haben muss. Um den Verbau der Baugrube in den nächsten Wochen einbringen zu können, wurden die Keller wieder verfüllt. Sobald der Verbau die anliegenden Straßen sichert, werden die Keller und deren Bodenplatte herausgenommen. Darunter können sich noch tiefreichende archäologische Befunde wie Latrinen oder Brunnen erhalten haben, die dann dokumentiert werden können.

In den nicht unterkellerten Bereichen haben sich archäologische Schichten, wie in diesem Profil, gut erhalten.
In den nicht unterkellerten Bereichen haben sich archäologische Schichten, wie in diesem Profil, gut erhalten.  © Landesamt für Archäologie
Der nicht unterkellerte Innenhofbereich der Tuchhalle ist der archäologisch wichtigste Bereich. Ihn durchkreuzt ein Kanalgangsystem des 18./19. Jahrhunderts, das ausgebaggert wird. Die Erdwände, sog. »Profile«, werden feinpräpariert und gewähren einen Einblick in die Schichtenfolge des ungestörten historischen Bodens. Unter dem Kriegsschutt lagern spätmittelalterliche Schichtenfolgen. Spätmittelalterliche große Gruben, die wahrscheinlich als Erdlatrinen genutzt wurden, schneiden immer wieder tief in den Boden ein. Unter den spätmittelalterlichen Befunden stehen die geologischen Schichten an. Die unterste archäologische und zugleich oberste geologische Schicht ist der dunkelbraune jungweichselzeitliche Boden, der sich durch Wiederbewaldung nach der letzten Eiszeit gebildet hat. In ihm liegen vorgeschichtliche und hochmittelalterliche Funde. Ziel ist es nun, flächig diese untersten Bereiche freizulegen, um die frühesten Siedlungsspuren der Fläche erkennen zu können.

P. Schug M.A., Dr. T. Westphalen

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