Ein Stück Reichsautobahn im „Nirgendwo“
Wo sich heute in der Niederspreer Teichlandschaft, dem größten Naturschutzgebiet im Landkreis Görlitz, Wolf und Hase eine gute Nacht wünschen, muss in den späten 1930er Jahren emsig gebaut worden sein.
In digitalen Geländemodellen (Abb. 1) zeichnet sich auf einer Länge von fast 3,5 Kilometern ein etwa 50 m breiter, von Wallsegmenten begleiteter, aber nur abschnittsweise aufgeschütteter Damm ab, der von der südlichen Grenze des Truppenübungsplatzes durch die Teich- und Sumpflandschaft in einem leichten Bogen nach Südwesten führt. Auch im Hochwald ist diese Struktur deutlich zu erkennen und auf den Orthophotos der Landesvermessung als Baumstreifen sogar noch gute weitere 2 Kilometer nach Südwesten bis zum Waldrand zu verfolgen (Abb. 2). Vermutlich handelt es sich um den Unterbau, d.h. die verdichtete Dammschüttung eines kurzen Teilstücks der seit 1937 projektierten Reichsautobahn (RAB) Stettin-Frankfurt/Oder-Forst-Görlitz-Zittau, die nach dem Anschluss des „Sudetenlandes“ bis Reichenberg verlängert werden sollte. Das Vorhaben scheint also tatsächlich über das Planungsstadium hinausgekommen zu sein. Warum ausgerechnet abseits städtischer Zentren mit dem Bau eines Teilstücks begonnen wurde, bleibt allerdings rätselhaft; vielleicht bestanden gerade in der Spreer Heide gute Voraussetzungen für den Grunderwerb. In der heutigen Flurstückseinteilung spiegelt sich dies jedoch nicht wider. Der Kriegsausbruch verhinderte, dass weitere Abschnitte der RAB verwirklicht wurden.
Literatur: Bertram Kurze, Reichsautobahnen in Mitteldeutschland (Erfurt 2014) 81-83.
Michael Strobel