Bronzezeitliche Kalender aus der Prignitz?
Landesamt für Archäologie Sachsen schließt Untersuchung sensationeller Brandenburger Funde ab
Die Himmelsscheibe von Nebra kennt jeder – ein Meisterwerk bronzezeitlicher Astronomie und Metallverarbeitung. Weniger bekannt sind hingegen die Brandenburger Kalendergefäße aus der Prignitz. Zwei große »Bronzesitulen« (»Bronzeeimer«) kamen 1899 und 1991 in Seddin und Herzberg, keine 70 km voneinander entfernt, zum Vorschein. Beide Gefäße tragen ein charakteristisches Buckeldekor. In ganz Europa gibt es nur elf vergleichbare Exemplare – und in der Prignitz davon gleich zwei!
Neueste Forschungen ermöglichten es nun, die Funktion der Buckel auf den Gefäßen zu deuten und beide miteinander zu vergleichen. Das war wegen der starken Beschädigungen des Herzberger Stücks bisher nicht möglich.
Was bedeuten nun aber die Buckel? Die Reihen entsprechen mit 354 Buckeln dem Mond- und 365 Buckeln dem Sonnenjahr! Im Zeitalter des Computers erscheint uns das vielleicht als nichts Besonderes. Für die Bronzezeit ist es jedoch eine außerordentliche kulturelle Leistung. Die Dekore zeigen die Materialisierung, Visualisierung und Beherrschung von Zeit. Voraussetzung ist genaues Beobachten und Messen von Sonnen- und Mondbewegungen.
Am 29.4.2013 kehrte die Herzberger Situla aus Dresden ins Archäologische Landesmuseum Brandenburg zurück. Aus diesem Anlass stellten der brandenburgische Landesarchäologe Dr. Franz Schopper, die sächsische Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik sowie Jens May, Referatsleiter beim brandenburgischen Landesamt, und Dipl.-Ing. Thomas Reuter vom Landesamt für Archäologie Sachsen die jüngsten Forschungsergebnisse vor. Die Situla von Herzberg nimmt nun wieder ihren gewohnten Platz im Bronzezeitraum des Archäologischen Landesmuseums ein.