Grabungsführung bei windigem Wetter in Mügeln, Kr. Nordsachsen
Über 90 Besucher folgten heute der Einladung des Landesamtes für Archäologie zur Führung über die großflächigen Grabungen rund um Mügeln.
Seit Sommer 2011 werden hier im Vorfeld des Neubaus der S 31 als Ortsumgehung für Mügeln umfangreiche archäologische Untersuchungen durchgeführt. Der Gebietsreferent Dr. Wolfgang Ender und die örtlichen Grabungsleiter Dr. Sven Conrad und Matthias Conrad M.A. erläuterten zunächst - ein wenig behindert vom strengen Wind - anhand zahlreicher Pläne den derzeitigen Kenntnisstand über die Verteilung der Fundstellen und ihre zeitliche Einordnung. Im fruchtbaren Lößgebiet südlich von Mügeln wurden entlang der über 6 km langen Neutrasse Fundstellen fast aller Kulturen vom frühen Neolithikum bis zur Neuzeit angetroffen. Herauszuheben sind die erstmals in Mittelsachsen dokumentierten über 70 Hausgrundrisse der frühneolithischen Linienbandkeramikkultur (5500 – 4800 v. Chr.) und Gräber der spätneolithischen Glockenbecherkultur (3000 – 2300 v. Chr.). Über 50 gut ausgerüstete Teilnehmer machten sich dann von der zentralen Baustelleneinrichtung nach Westen auf den Weg. An den Grabungsstellen westlich des Grauschwitzbaches konnten frühneolithische Hausgrundrisse mit Pfostenstellungen und großen Materialgruben im Original besichtigt werden. In ganz junger Zeit, dem 17. – 18. Jahrhundert n. Chr., wurden hier Gefäße in einem geheimnisvollen Kreis deponiert.
Hangaufwärts folgte ein frisch entdecktes zeitgleiches Grabensystem und jenseits der Straße nach Döbeln erläuterte Matthias Conrad eine kleine, ebenfalls frühneolithische Gräbergruppe. Steinbeile und ein Gefäß mit Rötelfarbe waren den Verstorbenen um 5000 v. Chr. beigegeben worden. Weiter nach Westen, auf der Schlagwitzer Hochfläche lag eine Siedlung der stichbandkeramischen Kultur (um 4500 v. Chr.) mit gut erkennbaren Pfostengruben eines Hausgrundrisses. Am Ende der Wanderung, auf der Höhe am AWO Seniorenwohnheim stand man auf einer Kuppe, die bereits während der jüngeren Bronzezeit (um 1000 v.Chr.), der Vorrömischen Eisenzeit (600 – 50 v. Chr.) und der jüngeren Römischen Kaiserzeit (um 200 n. Chr.). Von hier konnte man auf eine weitere linienbandkeramische Siedlung jenseits des Hasenbaches auf dem Weg nach Paschkowitz blicken, auf deren Areal im Spätneolithikum (um 2500 v.Chr.) Gruben angelegt wurden, von denen mindestens eine der Opferung von Getreide diente. Nochmals wurde das Areal in der frühen Vorrömischen Eisenzeit (550 v. Chr.) genutzt, als man in Tonöfen offensichtlich Metall zu Schmuck und Werkzeug verarbeitete.
Nach über 3 Stunden trennte sich die Wandergruppe, ein bisschen durchgefroren aber mit allen Informationen zum aktuellen Stand der Archäologie in Mügeln und ganz Mittelsachsen.
Dr. Wolfgang Ender
Referatsleiter Nordwestsachsen, Gebietsreferent Kreis Nordsachsen (Altkreis Torgau-Oschatz)
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