21.01.2016

Archäologische Untersuchungen an den Ferngasleitungen 19 und 20

Funde auf der Erdgaspipeline: Eine jungsteinzeitliche Geschossspitze und ein Gefäß der Bronzezeit. 
© Landesamt für Archäologie

Seit Anfang Oktober des Jahres 2015 findet bei Hoyerswerda die archäologische Begleitung der Neuverlegung der Ferngasleitungen 19 und 20 der ONTRAS Gastransport GmbH statt.

Auf sächsischem Gebiet verläuft die Trasse von der brandenburgischen Landesgrenze westlich von Tätzschwitz bis südlich des Industrieparks Schwarze Pumpe nordöstlich von Hoyerswerda. In einem ersten Bauabschnitt ist für das Jahr 2016 auf einer Strecke von insgesamt 26 km die Verlegung der Rohre beider parallel zueinander verlaufender Gasleitungen geplant, während ein mittlerer Abschnitt mit einer Länge von 8,5 km, der nördlich von Hoyerswerda entlang führt, erst zu einem späteren Zeitpunkt verlegt werden soll.
Im Bereich des ersten Bauabschnittes wurde systematisch entlang des Trassenverlaufes ein auf dem Feld  8 m und im Wald 4 m breiter archäologischer Suchstreifen geöffnet, in dem bisher zwei archäologische Fundstellen im westlichen und östlichen Bereich der Trasse freigelegt wurden.
Nordwestlich der Gemeinde Tätzschwitz wurde während der 6-wöchigen Untersuchung eines Trassenabschnittes eine Konzentration vorgeschichtlicher Siedlungsgruben dokumentiert. Die geborgenen Funde datieren die Befunde in die jüngere Bronzezeit. Bemerkenswerterweise wurde aus einer kolluvial sedimentierten Rinne im Kontext der bronzezeitlichen Scherben auch eine spätneolithische Silexpfeilspitze geborgen.

Eine Vielzahl von Befunden zeichnet sich ab. In der Bildmitte ein Ringgraben der teilweise mit Holz befestigt war. Vielleicht handelt es sich um Spuren einer Niederungsmotte (mit einem Graben gesicherte Wehranlage) aus dem Mittelalter.
Eine Vielzahl von Befunden zeichnet sich ab. In der Bildmitte ein Ringgraben der teilweise mit Holz befestigt war. Vielleicht handelt es sich um Spuren einer Niederungsmotte (mit einem Graben gesicherte Wehranlage) aus dem Mittelalter.  © Landesamt für Archäologie

Neben den vorgeschichtlichen Befunden konnte nahe dem Dorf ein in Teilen holzbefestigter Ringgraben nachgewiesen werden, der einen kreisrunden Innenbereich mit einem Durchmesser von knapp 25 m umschloss. Unweit dieser Anlage hat ein langrechteckiges, auf Pfählen gegründetes Gebäude gestanden. Es hatte eine Grundfläche von mindestens 12 x 6 m und ist bei einem Brand zerstört worden. Das Dendrodatum für ein Konstruktionsholz aus der Grabenanlage steht noch aus, doch scheint der gesamte Komplex im 15. Jahrhundert vollständig aufgegeben worden zu sein.
Ein Zusammenhang mit einem ab dem 18. Jahrhundert überlieferten Mühlenstandort am Elstergraben scheint also nicht gegeben. Die Interpretation als technische Anlage ist aber möglich. Vielleicht handelt es sich bei dieser mittelalterlichen Grabenanlage auch um Relikte einer kleinen, bisher unbekannten Niederungsmotte mit einem nahe gelegenen Wirtschaftshof.
 

Die schachbrettartig angelegten Quadranten dienen der Gewinnung von Erdprofilen, in denen sich die archäologischen Schichten abzeichnen.
Die schachbrettartig angelegten Quadranten dienen der Gewinnung von Erdprofilen, in denen sich die archäologischen Schichten abzeichnen.  © Landesamt für Archäologie

Östlich von Spreewitz wurde neben einigen Siedlungsbefunden der späten Bronzezeit und Römischen Kaiserzeit eine etwa 30 m lange, unregelmäßige rötliche Verfärbung im Sand freigelegt, die größere Mengen an Keramik der späten Bronzezeit enthielt. In den Profilen des angelegten Quadrantensystems wurden unterhalb der roten Sandschichten tonige, zum Teil humose Ablagerungen dokumentiert. Die geologische Situation an der Grenze zweier Terrassen deutet darauf hin, dass sich hier unter Permafrostbedingungen pingenartige Strukturen gebildet haben, deren vereiste Kerne am Ende der letzten Kaltzeit durch die Klimaerwärmung schmolzen und zur Bildung von Hohlformen führten. Wie die zahlreichen bronzezeitlichen Scherben, die teils regelrechte Scherbenpackungen bilden, in die oberen Verfüllschichten aus rotem Sand gelangten, muss vorerst noch offen bleiben. Eine Ansprache als kolluviale Ablagerung scheint aufgrund der Größe und des Erhaltungszustandes der Keramik wohl auszuscheiden.
Die Arbeiten auf der Fundstelle bei Spreewitz werden derzeit fortgesetzt. Zudem wird auf etwa 5 km der Trasse noch die Anlage der archäologischen Suchstreifen des ersten Grabungsabschnittes erfolgen.


Mathias Bertuch/Matthias Conrad/Frauke Kreienbrink/Kay Mauksch/André Schindler/Susanne Schöne/Harald Stäuble/Christian Tinapp

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