28.07.2008

Leipzig Brühl

Der Brühl auf der Leipziger Stadtansicht von Merian, 1650. Auch das »Hallische Tor« und seine Vorbefestigungen sind zu sehen. 
© Landesamt für Archäologie

Im Vorfeld der Neugestaltung des nach Norden hin an den Brühl angrenzenden Areals führt das Landesamt für Archäologie Sachsen umfangreiche archäologische Untersuchungen durch.

Ursprünglich bedeutete Brühl »Sumpf«. Sollte unbebautes Land besiedelt werden und es wurde morastiges Gelände angetroffen, wurden die Gassen auf den trockengelegten Böden »Brühl« genannt, um auf die schwierigen Bodenverhältnisse hinzuweisen. In Leipzig erscheint dieser Name erstmals 1420. Im Mittelalter reichte die Bebauung nördlich der von Westen nach Osten führenden „via regia“, dem späteren Brühl, bis an die im Norden verlaufende Stadtmauer heran. Bereits in der Übergangszeit des 12. und 13.Jahrhunderts muss es im zu untersuchenden Quartier entlang der Straße eine dichte Bebauung gegeben haben. Zur Stadtmauer hin befanden sich Höfe und Stallungen für Pferde. 1420 taucht in den schriftlichen Quellen erstmals der Straßenname »Brühl« auf. 1498 und 1518 wurden die Gebäude am Brühl durch Stadtbrände zerstört, danach jedoch immer wieder aufgebaut.

Die gleiche Blickrichtung wie oben, auf einer Luftaufnahme des Jahres 1925.
Die gleiche Blickrichtung wie oben, auf einer Luftaufnahme des Jahres 1925.  © Landesamt für Archäologie

In schriftlichen Quellen des 16.Jahrhunderts. tauchen erstmals Häusernamen auf, darunter so bekannte Gasthäuser wie „Zum weißen Schwan“, „Zum roten Ochsen“ oder die „Goldene Eule“. Im Bereich der mittelalterlichen St. Katharinen- Badestube entstand der „Plauensche Hof“, benannt nach den zahlreichen Messwohnungen und Messverkaufsständen Plauener Kaufleute.
Im Laufe des 19.Jahrhunderts wichen die Gasthöfe immer mehr Lagern und Werkstätten von Pelzhändlern und Kürschnerbetrieben. Zu dieser Zeit erlangte der „Leipziger Brühl“ Weltruhm als Umschlagplatz für Rauchwaren. Unter Rauchwaren [mittelhochdeutsch Ruoch „rauh“] verstand man zugerichtete und teilweise gefärbte Pelze. Die Konzentration einer Branche auf so engem Raum stellte in Leipzig eine Ausnahme dar.
Um 1913 wurde rund ein Drittel der „Welternte“ an Rauchwaren in Leipzig umgesetzt. Den Berichten von Zeitzeugen nach übte der Brühl einen eigenartigen Reiz aus, da er „zu Riechen war“. Der Duft nach Kampfer, dem bevorzugten Konservierungsmittel, gemischt mit dem animalischen - süßlichen Geruch der verschiedenartigsten Felle lag ständig in der Luft.
In der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1943 erfolgte für Leipzig der schwerste Bombenangriff des zweiten Weltkrieges. Das „Rauchwarenviertel“ war zwar durch die Bombardierung kaum in Mitleidenschaft gezogen, wurde aber von dem folgenden Flammenmeer eingeschlossen, das am Abend auf die Brühlhöfe übergriff und bis zum 15. Dezember wütete. Zwischen Reichs- und Katharinenstraße brannte alles aus.
Erst in den 60er Jahren entstanden im Bereich des Nordwestlichen Brühl vier quer zur Straßenflucht stehende Wohnblöcke. Die Plauensche Straße – Verlängerung der Katharinenstraße nach Norden – wurde dabei überbaut.
Auch wenn durch die Neubebauung weitere Zerstörungen an der historischen Bausubstanz entstanden, blieb der Bereich der Haupthäuser entlang des Brühls nach dem Krieg unangetastet. Neben den Kellern der ehemaligen Gasthöfe und Warenhäuser des 16. bis 19.Jahrhunderts liegt der Forschungsschwerpunkt auf den nach Norden anschließenden Hofflächen sowie den Resten der im Norden das Grabungsareal abschließenden Stadtbefestigung mit dem „Hallischen Tor“ und dem „Hallischen Pförtchen“. Durch die archäologischen Untersuchungen kann eine weitere Lücke in der Leipziger Stadtgeschichte geschlossen werden.

Dr. Christiane Hemker

Referatsleiterin Südwestsachsen: Landkreise Erzgebirgskreis (Altkreise Annaberg, Aue-Schwarzenberg, Mittlerer Erzgebirgskreis, Stollberg), Mittelsachsen (Altkreis Freiberg), Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (Altkreis Weißeritzkreis); Montanarchäologie

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