30.12.2009

Hochwasser an der Mulde vor 1800 Jahren

Grubenhaus der älteren Römischen Kaiserzeit nach der Ausgrabung, unter der Verfüllung der Hausgrube wurden 20 Pfostenstandspuren dokumentiert, eine Stufe in der Wandung belegt einen Zugang im Nordwesten 
© Landesamt für Archäologie

In Vorbereitung des Deichbaues wurden bei Deuben (Gemeinde Bennewitz, Lkr. Leipzig) Ausschnitte mehrerer kaiserzeitlicher Siedlungen untersucht

Zwischen den Ortslagen Bennewitz und Grubnitz war durch die Landestalsperrenverwaltung Sachsen die Ertüchtigung des Hochwasserschutzdeiches auf einer Länge von ca. 1,8 km geplant. Die mit dem Deichbau verbundenen Bodeneingriffe machten eine vorausgehende archäologische Untersuchung durch Mitarbeiter des Landesamtes für Archäologie erforderlich. Während des ersten Grabungsabschnittes (Prospektion) wurden im Juli und August 2009 innerhalb eines etwa 600 m langen Abschnittes südlich der Ortslage Grubnitz, drei Areale mit kaiserzeitlichen Siedlungsbefunden angetroffen. Ihre detaillierte Untersuchung schloss sich von September bis Dezember 2009 an.
Die Fundstellen befinden sich unmittelbar westlich des heutigen Muldelaufes bzw. am Ufer eines Altlaufes, welcher den Flurnamen »Schlippe« trägt. Geomorphologisch betrachtet liegen sie, wie auch die Ortslagen Bennewitz, Deuben und Grubnitz, auf der in der Weichsel-Kaltzeit entstandenen  Tieferen Niederterrasse (»Tallehmterrasse«) der Mulde. Auf einer der Grabungsflächen (GBY-05) konnte ein Grubenhaus der älteren Römischen Kaiserzeit untersucht werden. Es war in WNW-OSO-Richtung orientiert und wies eine Größe von 4,3 x 3,5 m auf.

Unter einer Bedeckung aus sterilem Auelehm wurden 7 Ofenbefunde freigelegt. Der Ofen dessen Aufgehendes noch teilweise erhalten ist (im Bild rechts oben), enthielt einen Schlackeklotz und diente der Verhüttung von Eisenerz (Raseneisenstein)
Unter einer Bedeckung aus sterilem Auelehm wurden 7 Ofenbefunde freigelegt. Der Ofen dessen Aufgehendes noch teilweise erhalten ist (im Bild rechts oben), enthielt einen Schlackeklotz und diente der Verhüttung von Eisenerz (Raseneisenstein)  © Landesamt für Archäologie

Eine ungewöhnliche Befundsituation war in nur 20 m Entfernung zum Grubenhaus gegeben. Hier konnten 7 Öfen nachgewiesen werden. Die dazugehörigen Ofengruben wurden in den Hangbereich eines heute an der Geländeoberfläche nicht mehr sichtbaren Altlaufes der Mulde eingetieft. Von einem der Öfen war noch ein Teil des konisch aufgehenden Schachtes nachweisbar. Die gute Erhaltung dieses Befundes lässt sich nur durch eine rasche Überdeckung durch Hochflutlehm (Auelehm) während eines oder mehrerer Hochwasserereignisse erklären, welche somit etwa 1800 Jahre zurückliegen. An der Gemarkungsgrenze zu Grubnitz wurden auf einer Fläche von 580 m2 Größe weitere kaiserzeitliche Siedlungsbefunde dokumentiert (GBY-06). Direkt oberhalb des Hanges zum Muldealtlauf »Schlippe« konnten die Grundrisse zweier ebenerdiger  Langhäuser in Ausschnitten sowie von zwei Grubenhäusern nachgewiesen werden. An der Peripherie der Siedlungsfläche wurde ein rechteckiger Speicherbau mit 9 Pfosten aufgedeckt.

Die Untersuchungen beim Deichbau an der Mulde werden 2011 fortgesetzt.

Literaturvorschlag (erscheint Anfang 2011):
O. Ullrich: Kaiserzeitliche Siedlungsfunde im Tal der Mulde bei Wurzen. Untersuchungen beim Deichbau zwischen Bennewitz und Grubnitz, ARCHÆO 7, 2011.

 

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