Grabungen an der BA 72, Abschnitt Rathendorf - Frohburg
Baumaßnahmen wie der Neubau der A 72 von Chemnitz nach Leipzig verursachen tiefe Eingriffe in die Landschaft und zerstören die Jahrtausende alten Spuren im Boden.
Diese werden noch vor Baubeginn durch das Landesamt für Archäologie ausgegraben und dokumentiert. Zusammen mit den geborgenen Funden ergeben sich neue Erkenntnisse über die früheste Besiedlung Sachsens.
Im Abschnitt zwischen Rathendorf und Frohburg begannen im Mai die archäologischen Ausgrabungen auf zwei der insgesamt fünf Fundstellen bei Bruchheim und Rathendorf. Dabei wird die gesamte Breite der zukünftigen Autobahn erfasst. In einem ersten Grabungsabschnitt im Herbst 2006 wurde die Ausdehnung der Fundstellen genau lokalisiert. Auch wenn es damals schon erste Hinweise auf Art und Alter gab, so überraschten die Funde und Befunde bereits in den ersten Wochen der jetzigen Flächengrabung.
Auf der Fundstelle bei Bruchheim zeichnet sich ein Hausgrundriss durch dunkle Verfärbungen im anstehenden Boden ab. So lassen sich Pfostenspuren erkennen, die durch ihre typische Verteilung bereits einen ersten Altershinweis geben. Die Funde, vor allem verzierte Scherben ermöglichen eine noch genauere Datierung: sie gehören der Stichbandkeramischen Kultur (etwa 5000-4500 v.Chr.) an. Den Namen erhielt diese Kultur durch die mit eingestochenen Bändern verzierte Keramik – Tongefäße des täglichen Gebrauchs, deren Scherben in den hausbegleitenden Gruben gefunden wurden. Das Haus selbst dürfte ursprünglich eine Grundfläche von 18,3 mal 8,5 Metern bedeckt haben. Auffällig sind vor allem die Doppelpfostenwände und die mächtigen Innenpfosten, die das Dach getragen haben.
Ein anderer Hausgrundriss in Rathendorf ist zwar nicht so deutlich erkennbar und auch kleiner, dafür aber wesentlich älter. Vor 7.300 Jahren siedelten hier bereits die ersten Ackerbauern der Linienbandkeramischen Kultur. Wie bereits zu vermuten, verzierten sie ihre Keramikgefäße mit eingeritzten Linien, die gebänderte Muster ergaben. Es sind die ältesten Ackerbauern und Viehzüchter in Mitteldeutschland, die zum ersten Mal feste Siedlungen in Mitteleuropa.
Beide Fundstellen sind in der Kulturlandschaft zwischen Leipzig und Chemnitz einmalig und ermöglichen neue Erkenntnisse zur Besiedlungsgeschichte dieser noch heute eindrucksvollen Landschaft. Insoweit werden sowohl die bis etwa Juli 2007 dauernden Ausgrabungen, wie auch die im Spätherbst folgende Auswertung sehr spannend sein. Ebenfalls gespannt sind wir auf die Untersuchung der weiteren drei Fundstellen in den Gemarkungen Greifenhain und Roda, die ab August 2007 stattfinden werden.
Dr. Harald Stäuble
Referatsleiter Braunkohle und lineare Bauvorhaben. Zugl. Gebietsreferent Kreis Leipzig (Altkreis Leipziger Land), Stadt Leipzig (ohne Stadtkern)
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