Archäologische Grabungsbefunde zu Vorgängerbauten der Kirche von Raschau bei Schwarzenberg, Erzgebirgskreis
Nachdem maschinelle Bodenabtragungen zur Erneuerung des Fußbodens der Allerheiligenkirche von Raschau gemeldet und bei einer Begehung angeschnittene Fundamente von Vorgängerbauten beobachtet worden waren, nahm das Landesamt für Archäologie vom 2.6.2008 bis 16.6.2008 Ausgrabungen vor.
Das ergrabene romanische Gotteshaus besaß mit 12,1 m x 10,0 m einen fast quadratisch wirkenden Saal, dem sich eine 7,5 m breite halbrunde Apsis anschloss (Apsidensaal). Die Kirche war insgesamt 15,7 m lang und 10,0 m breit. Auch wurde festgestellt, dass bis heute die beiden Langseiten und der westliche Giebel aus 1,2 m dicken romanischem Mauerwerk besteht, dem innen sogar noch romanische Putzreste anhaften. Lediglich die Tür- und Fensteröffnungen wurden in der Barockzeit verändert. Dennoch gelang der Nachweis des vermauerten romanischen Portals an der südlichen Saalseite. Die Bauform des Apsidensaales ist bemerkenswert, da sie im Erzgebirge bisher nur äußerst selten festgestellt wurde. Zeittypisch sind Saalkirchen mit eingezogenem Chor und Apsis, denen zuweilen ein Querwestturm angeschlossen sein kann.
Zwei Rüsthölzer wurden aus dem aufgehenden romanischen Mauerwerk geborgen, in dem man sie wie üblich nach Abtrennen der überstehenden Teile im fertiggestellten Bau belassen hatte. Dendrochronologische Untersuchungen ergaben, dass das eine Rüstholz von einem im Winter 1205/06 gefällten Baum stammt. Vom anderen Rüstholz ließen sich keine Angaben gewinnen. Das ermittelten Fälldatum bezeugt, dass der romanische Apsidensaal frühestens 1206 errichtet worden sein kann. Eine Erbauungszeit einige Jahrzehnte danach ist jedoch nicht auszuschließen.
Siedlungsgeschichtliche Überlegungen führen zu der Annahme, dass die Gründung des 1240 erstmals erwähnten Waldhufendorfes Raschau im späten 12. Jahrhundert erfolgte. Damals könnte vielleicht schon eine Holzkirche erbaut worden sein, von der aber während der archäologischen Untersuchungen, bei denen eine maximale Grabungstiefe eingehalten werden musste, keine Spuren nachweisbar waren.
Für einen Choranbau in der Breite des vorhandenen Langhauses wurde bereits im ausgehenden Mittelalter oder in der frühen Neuzeit der romanische Giebel mit der halbrunden Apsis obertägig abgebrochen. Der nunmehr gerade Chorabschluss lag 0,4 m östlich des Scheitels der beseitigten Apsis. Gleichzeitig errichtete man an der Nordseite des verlängerten Bauabschnittes eine Sakristei.
1698 wurde im Zuge umfangreicher Bauarbeiten der Chorabschluss wieder abgetragen und die Kirche um 6 m nochmals nach Osten erweitert, so dass der Baukörper jetzt 23,3 m lang ist. Damals erhielt die Kirche mit der bemalten Kassettendecke, der Orgelempore und den vergrößerten Fenstern ihr barockes Gepräge.
Lothar Herklotz, Yves Hoffmann